Franz Sigel - der demokratische Soldat
VORTRAG 
Schloss Rastatt, Erinnerungsstätte für die Freiheits-
bewegungen in der deutschen Geschichte 
Donnerstag 22. Februar 2024, 18.30 Uhr
 

Diese Veranstaltung der Vortragsreihe "Es lebe die Freiheit! Menschen in der Revolution 1848/49" widmet sich dem badischen Revolutionär und amerikanischen Bürgerkriegsgeneral Franz Sigel.

Der Historiker und stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Fördervereins Erinnerungsstätte, Dr. Jürgen Dick, stellt in seinem Vortrag Franz Sigel vor – einen vergessenen Revolutionär von 1848/49, der auch in Rastatt einige Spuren hinterlassen hat.

 

Anmeldung: 07222 77139 0

 

Weitere Veranstaltungen dieser Reihe finden sich HIER

Gedenkfeier

Sonntag, 24. September 2023

Staufen

 

Zu einer Gedenkfeier anlässlich des Struve-Putsches in Staufen vor 175 Jahren lädt die Stadt Staufen und der Arbeitskreis Staufener Stadtbild e.V. am Sonntag, 24.09.2023, 11 Uhr, auf den Staufener Friedhof ein; Treffpunkt ist vor der St. Sebastianskapelle. Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Benitz wird Stadtarchivar Dr. Diedrichs die damaligen Auseinandersetzungen und die Phasen des Gefechts in Staufen vergegenwärtigen. Vor wenigen Wochen wurden auf Veranlassung des Arbeitskreises Staufener Stadtbild die sog. Revolutions-Grabmale der Gefallenen und Opfer Josef Glück, Andreas Dietz und Weiler Musikanten restauriert; dazu wird Helmut Bühler sprechen. Die musikalische Umrahmung mit Gesang und Gitarre besorgt der Schauspieler und Musiker Olaf Creutzburg.

 

 

Olaf Creutzburg

Walzer in den Tod

SCHAUSPIEL

Freitag, 15. bis Sonntag 19. September

Staufen

 

Die Staufener Zeitreise mit ihren STAdtGESchichten wird in diesem Jahr zum 20. Mal in der Staufener Altstadt stattfinden. Das Thema: 1848!  Die Weiler Musikanten, unfreiwillig in die Revolution verwickelt, stehen im Mittelpunkt einer wie üblich in Staufen äußerst farbenprächtigen Inszenierung.

 

Mehr Informationen HIER

 

 

Bild:  https://www.stadtgeschichten-staufen.de/

Brüder, zur Freiheit! 
Aktionstag zur Badischen Revolution

Heckergruppe Offenburg

Sonntag, 28. Mai 2023, 11 bis 17 Uhr

Gutach, Freilichtmuseum Vogtsbauernhof

 

Unter dem Motto »Lebendige Landeskunde« können die Besucher des Schwarzwälder Freilichtmuseums Vogtsbauernhof in Gutach in die Badische Revolution eintauchen. Zahlreiche Akteure in historischen Gewändern lassen von 11 bis 17 Uhr die Zeit um 1848 wieder lebendig werden. Die Heckerleute aus Offenburg schlagen ihr Lager auf der Wiese vor dem Vogtsbauernhof auf und werden um 14 und 16 Uhr in eine Schlacht mit der Bürgerwehr Riedlingen und der Bürgergarde aus Gengenbach verwickelt.

 

Zur Website des Vogtsbauernhofs geht es HIER

 

 

Die badische Lösung

Foto: Klaus Gülker

KABARETT

Samstag, 27. Mai 2023, 20 Uhr

Kino im Höfle, Lenzkirch

 

Das Europa der Regionen wird kommen. Aus Deutschland werden deutsche Lande, und es gilt ,die Marke Baden am Markt zu platzieren. Baden hat wirtschaftlich und historisch starke Alleinstellungsmerkmale und damit große Chancen im Europa der Regionen auf eigenen Beinen zu stehen: Zunehmendes mediterranes Klima, 1A–Lage am Oberrhein, der Schwarzwald als klassische Sommerfrische und Sportpark und nicht zu vergessen seine exzellente Gastronomie mit dem Badischen Wein als Flaggschiff.

Und es hat eine gescheiterte, aber doch enorm symbadische Revolution im historischen Gepäck. Staub, dem politischen Romantiker und anonymen Hauptstadt-Melancholiker ist die Badische Revolution in Fleisch und Blut übergegangen, und man nimmt ihm ab, dass er 1848 an vorderster Front mit dabei war. Vor 50 Jahren war es noch unmöglich mit einer Revolution Sympathiewerbung für Baden zu betreiben. Heute interessiert sich die Schwarzwaldtouristik für das Thema. Schwarzwälder Kirsch und Badische Revolution können sich symbiotisch verbinden und machen die Region zum politisch korrekten Anziehungspunkt für Wirtschaft, Touristik und Zukunftstechnologie.

Mephisto Consulting will den Ur-Badener Staub aus der Hauptstadt abziehen und zur indigenen Gallionsfigur für die Baden-Kampagne aufbauen.
Los von Berlin, los von Stuttgart!
Die Badische Lösung!

Mit: Matthias Deutschmann & Volkmar Staub

 

 

 

Wie alles begann - die (Vor)Geschichte bis zum April 1848

Von HEINZ SIEBOLD

Der Funke kam aus Paris und er zündete das revolutionäre Feuer auch in Baden: Am Donnerstag, den 24. Februar 1848 wird Frankreich zur Republik erklärt, der König hat abgedankt, Pariser Bürger, Arbeiter, Studenten und Soldaten haben mit einem heftigen Barrikadenkampf die Monarchie beseitigt. Am Tag danach meldet die in Freiburg erscheinende „Oberrheinische Zeitung“, einer telegrafischen Depesche aus Paris zufolge habe es am Mittwoch “Aufläufe in Paris“ gegeben. In den nächsten Tagen wird klar: König Louis Philipp I. hat abgedankt und ist nach England geflohen. In Straßburg, so die Oberrheinische Zeitung, „zogen die Bürger in Masse vor das Stadthaus und verlangten vom Maire die Verabreichung von Waffen. Diesem Begehren wurde theilweise entsprochen, indem gegen 1000 Feuergewehre abgegeben wurden. Heute wird die gesammte wehrfähige Bürgerschaft bewaffnet werden.“

Damit verdichten sich Gerüchte und Halbwahrheiten endlich zur Gewissheit: Frankreich ist Republik. Die Nachricht wirkt wie ein Funke - aber nicht in ein einzelnes Pulverfass, sondern in die vielen Pulverfässer der 34 Fürstentümer und Königreiche, die den Deutschen Bund bilden. Es gärt allenthalben, denn die soziale und wirtschaftliche Lage des Volkes ist alles andere als rosig. Überbevölkerung und Verarmung auf dem Land, Verelendung beim gerade erst entstehenden Industrieproletariat in einigen Städten kümmern die feudal-aristokratischen Regierungen wenig. In Folge der schlechten Ernte 1846 ist es in verschiedenen Staaten des deutschen Bundes zu Hungerunruhen gekommen. In Berlin, in Sachsen und in Hessen wurden sogenannte „Brotkrawallen“ hungernder Arbeiter vom Militär blutig niedergeschlagen. Hunger und Not wurden damit nicht beseitigt.

Die badischen Bürger werden aktiv – Versammlungen in Mannheim und Freiburg

Kaum ist die Nachricht von der französischen Februarrevolution in Baden angekommen, kommen die Menschen zu erregten Debatten in Wirtshäusern zusammen. Aus Mannheim berichtet der Korrespondent der Oberrheinischen Zeitung am 28. Februar: „Gestern tagten im hiesigen Aulasaal wohl an 1500 und mehr Bürger Mannheims aus allen Classen und Ständen unserer Bevölkerung. Die Angelegenheit, über die berathen wurde, war nämlich keine geringere als die des allgemeinen, theueren Vaterlandes, sein Heil, seine Kraft in der künftigen, seine Noth, seine Ohnmacht, seine Rettung in der gegenwärtigen Zeit. Mit lautem Jubel wurde der Vorschlag Gustav von Struves entgegengenommen, der dahin lautete, an die Zweite Kammer eine Adresse zu richten, und diese Adresse in gemeinsamer Erscheinung der Bürger im Saale der Deputierten zu Carlsruhe Nachdruck zu verleihen. ... Die Adresse fordert: 1) Volksbewaffnung mit freien Wahlen der Offiziere. 2) Unbedingte Preßfreiheit. 3) Schwurgerichte nach dem Vorbilde Englands. 4) Sofortige Herstellung eines teutschen Parlaments.“ 

Zwei Tage später regen sich auch die Freiburger: „Gestern fand hier eine großartige Versammlung von Bürgern und hiesigen Einwohner statt, welche anfänglich im Saale des Gasthauses’ Zum Bären’ abgehalten werden sollte. Da jedoch dieser die Massen von etwa 1000 Personen nicht zu fassen vermochte, so zog man von dort in das Local der bürgerlichen Lesegesellschaft.“ Es wurden die bekannten Forderungen nach „Preßfreiheit, Geschworenengerichte, Verantwortlichkeit der Minister und Volksbewaffnung unterstützt und zudem solche nach Religionsfreiheit, Gleichstellung aller Classen der Gesellschaft vor dem Gesetz, teutsches Parlament, Beeidigung des Militärs auf die Verfassung und Lossagung von den Carlsbader Beschlüssen erhoben... Eine Deputation überbrachte die Petitionen bereits heute an die Kammer.“ Bei ihrer Rückkehr aus Karlsruhe werden die Delegierten mit einem Fackelzug empfangen. Dass eine solche Reise innerhalb eines Tages möglich ist, verdanken die Demokraten der neuen Eisenbahn, die sie in fünfeinhalb Stunden von Freiburg nach Karlsruhe bringt. 

Der Petitionssturm erreicht die Residenz

Ein wahrer Sturm von Petitionen ähnlicher Art ergießt sich über die großherzogliche Regierung. Das herrschende System, regiert von einem liberalen Minister Bekk und einer feudalen „Kamarilla“ um den Großherzog Leopold, gerät in die Defensive. Es bleibt nur der taktische Rückzug an allen Fronten. Die Regierung verspricht, die zentralen Forderungen aller Petitionen zu erfüllen, nachdem Tausende von Badenern am 2. März in der Karlsruher Residenz erscheinen, um die Petitionen höchstpersönlich der Zweiten Kammer des Parlamentes zu überreichen. Volksbewaffnung, Pressefreiheit, Schwurgerichte - alles, was jahrzehntelang verweigert und verzögert wurde, wird auf einen Schlag zugestanden. Jedoch es sind zunächst nur Zusagen. Die Ausführungsgesetze fehlen noch und die Regierung hofft, Zeit zu gewinnen. Friedrich Hecker, Wortführer der radikalen Demokraten im Parlament, bleibt skeptisch: „Ich will Einigkeit, aber ich gehe nicht einig mit halben Maßregeln und provisorischer Preßfreiheit ... Ich will erst die Vorlagen abwarten, ehe ich mich freue.“

Freudenfeiern in Freiburg – weicht die Monarchie freiwillig?

Allenthalben aber wird der vermeintliche Sieg gefeiert, auch in Freiburg, wie eine Annonce in der „Oberrheinischen Zeitung“ ankündigt: „Die Presse ist frei - die Wiedergeburt des Vaterlandes, seiner Macht, seiner Ehre, seiner Freiheit, seines Wohlstandes - vorbereitet. Alle Gemüther erheben sich in freudiger Bewegung, die Morgenröthe einer schönen Zukunft begrüßend. Zur Feier dieses entscheidenden Wendepunktes in der Geschichte unseres Volkes wird am Sonntag, den 5. März, Nachmittags 1 Uhr, im Locale der bürgerlichen Lesegesellschaft ein Mittagsmahl stattfinden, wozu alle Bürger und Einwohner unserer Stadt eingeladen werden. Listen zur Unterzeichnung liegen im Locale der bürgerlichen Lesegesellschaft. Preis mit einer Flasche Wein 1 fl. Freitag, den 3. März 1848. Das Comitee“

 

Die „Bürgerliche Lesegesellschaft“ mit ihren über 300 Mitgliedern ist das Zentrum des fortschrittlichen Freiburger Bürgertums. Die Konservativen sammeln sich in der ungefähr gleich starken „Museumsgesellschaft“. In der „Bürgerlichen Lesegesellschaft“ treffen wir die wichtigsten Akteure der kommenden revolutionären Aktionen: den Advokaten Karl von Rotteck Junior, seinen Bruder Julius, seinen Schwager Ruef, den Seidenfabrikanten Karl Mez, den Universitätsadministrator Albert Schinzinger und seine Söhne Friedolin und Joseph und den Buchhändler und Herausgeber der „Oberrheinischen Zeitung“, Adolph Emmerling. Carl Hecker, Direktor der chirurgischen Universitätsklinik und Bruder des Abgeordneten Friedrich, ist ebenso Mitglied der „Lesegesellschaft“ wie der Medizinstudent Georg von Langsdorff. Hecker. Mez und Langsdorff sind auch die Mitbegründer der Freiburger Turnerschaft von 1846, die sich als Speerspitze der Freiheitskämpfer sieht. 

Die Bürgerliche Lesegesellschaft hat ihr Versammlungslokal in der „Harmonie“ in der Grünwälderstraße. Höhepunkte der Veranstaltung am 5. März sind die „Trinksprüche“ der Obergerichtsadvokaten von Rotteck, Weissenfels und Ruef. Karl von Rotteck, Sohn des berühmten Staatsrechtlers, macht den Anfang: „Teutschem Erfindungsgeiste gelang es, ein Werkzeug zu schaffen, welches auf einen Schlag mit tausend und abertausend Zungen das Wort in alle Welt hinaus entsendet. Und alle gebildeten Völker genießen ... dieser köstlichsten Erfindung ... Nur dem Volke des Erfinders blieb der freie Gebrauch der Erfindung, die freie Presse entzogen ... Endlich, nach 32 Jahren Bitten und Betteln und Flehen und Drängen, Drohen und Mahnungen, nach 32 Jahr und alljährlichen Versprechen und Beschönigungen und Complimenten und - hierin liegt jedoch der Hauptgrund - nachdem ein freiheitsstolzes Volk an der Seine zum drittenmal den Treubruch seiner Könige blutig gezüchtigt hatte, da endlich gab man auch bei uns in Baden die Preßfreiheit. ... Die freie Presse, wir haben sie einmal, und wehe dem, der die Hand daran legt; sie stehe hinfort unter dem Schutz des bewaffneten Volkes. So und nur so kann ich freudig rufen: es lebe die Preßfreiheit.“ 

Seine Standeskollegen Weisseneck und Ruef stellen jedoch mit großem Pathos die nationale Einheit in den Mittelpunkt ihrer Ansprachen. Ruef, Schwager Karl von Rottecks, sagt: „Wem schwellt nicht die Brust bei dem Gedanken an das schöne und herrliche Land, ... bewohnt von 40 Millionen, deren Sprache und Reichthum und Bildung von keiner anderen lebenden Sprache erreicht wird, und deren schöpferische Kraft in Kunst und Wissenschaft, durch Fülle und Vollendung den Ruhm des teutschen Namens in allen Zonen begründet haben ... Die Freiheitskriege haben das teutsche Volk im Siege wieder vereinigt, ... die patriotische Richtung ist mehr und mehr erstarkt, sie hat alle Gemüther ergriffen und die Nothwendigkeit neuerer lebenskräftiger organischer Einrichtungen zur Vermittlung der teutschen Einheit gereift ... Jetzt tönt der Ruf nach einem teutschen Parlament ... Die Gewährung dieser Reform, welche jetzt noch möglich ist, würde Teutschlands Wiedergeburt begründen. ... Möchte das schwarz roth goldene Banner, so lange geächtet von einer trostlosen Politik, bald von allen Thürmen wehend, verkünden die Wiedergeburt des Vaterlandes.“

Noch patriotischer klingt es bei von Weisseneck: "Es sind drei Worte inhaltschwer, welche in Folge der großen Ereignisse der neuesten Zeit auch in unserm teutschen Vaterlande von Mund zu Mund gehen, ... Freiheit, Gleichheit und Brüderschaft. Drei Worte von der höchsten und schönsten Bedeutung, wenn wir sie in ihrem wahren Sinne auffassen. In ihrem wahren Sinne sind diese drei Worte keine Worte der Zerstörung, sonder Worte der Erhaltung ... Freiheit müssen wir haben, denn ohne Freiheit gibt es kein Recht, keine Wahrheit und keine Tugend. ... Wer versucht, die Freiheit der Völker zu unterdrücken, der versündigt sich an Gott und an der Menschheit ... Gleichheit müssen wir haben, volle Gleichheit vor dem Gesetz, volle Gleichheit in Anerkennung der Menschenwürde und des Menschenrechtes. Das Recht des Mannes im Zwilchrock muß ebenso schwer ziehen, als das Recht des Mannes mit dem besternten Frack. ... Gleich treten wir in dieses Leben, gleich scheiden wir aus diesem Leben, darum soll auch während diesem Leben die Gleichheit der Menschenwürde und der Menschenrechte uns begleiten. ... Thorheit wäre das Verlangen nach Gleichheit im Besitze; denn wäre unser Gut in diesem Augenblick vollkommen gleich getheilt, so würde diese Gleichheit schon in der nächsten Stunde nicht mehr bestehen, der eine hätte seinen Gleichtheil mit 12, der Andere nur mit einem oder zwei Familienmitgliedern zu theilen ... Die Natur selbst und ihre ewigen; nothwendigen Gesetze schließen daher schon eine solche Gleichheit im Besitze aus. ... Brüderschaft, Bruderliebe müssen wir haben, ... denn ohne sie gibt es keine Eintracht im teutschen Volk und ohne Eintracht keine Kraft. Jetzt gilt es, dass das teutsche Volk sich als ein wahres Brudervolk zeige. Nur ein Gedanke darf unsere Brust durchglühen, nur ein Gedanke muß unsere Sehnen spannen, es ist der Gedanke an unser großes teutsches Vaterland... im Innern glücklich und nach Außen mächtig... Dann brauchen wir keine fremde Hilfe, um unsere teutschen Angelegenheit zu ordnen."

Der „Petitionssturm“ versandet 

Volksversammlungen und Petitionen vor allem in Mannheim, aber auch in anderen Städten und Regionen des Großherzogtums Baden bringen den Unmut der Bürger über das „System Metternich“ – der Bespitzelung und Unterdrückung demokratischer Ideen und Personen zum Ausdruck. Der österreichische Minister Klemens Wenzel Lothar von Metternich hatte mit den Herrschenden in den Königreichen und Fürstentümern des Deutschen Bundes polizeistaatliche Zustände eingeführt. Zensur, Berufsverbote, willkürliche Verhaftungen, Verbot von Vereinen und Versammlungen waren an der Tagesordnung. Dagegen hatte sich eine zunehmende liberale und demokratische Opposition gebildet, die nun offen auftrat. 

Die Mannheimer Volksversammlung vom 27. Februar stellte sich hinter die von Gustav Struve formulierten Forderungen. Sie propagierten  „Wohlstand, Bildung und Freiheit für alle Klassen der Gesellschaft, ohne den Unterschied der Geburt und des Standes“ verlangten. Die Sofortforderungen lauteten:

    Volksbewaffnung mit freien Wahlen der Offiziere

    Unbedingte Pressefreiheit

    Schwurgerichte nach dem Vorbild Englands

    Sofortige Herstellung eines deutschen Parlaments

Diese sogenannten „Märzforderungen“ wurden in den Ländern des Deutschen Bundes verbreitet und gelten als gemeinsame Grundlage der freiheitlichen Bestrebungen im Frühjahr 1848. 

 

Der Versuch, diese Forderungen in die Zweite Kammer des badischen Parlaments zu tragen – unterstützt von tausenden Bürgerinnen und Bürgern, die nach Karlsruhe angereist waren – gelang nur mittelbar. Die Forderungen wurden ausserhalb des Parlaments entgegengenommen und in Ausschüsse verwiesen. Der Volkswille wurde jedoch im März auf großen Versammlungen bekräftigt. Am 19. März in Offenburg mit rund 20 000 Teilnehmern und in Freiburg am 26. März mit 26 000 Teilnehmern. 

Das Vorparlament – der revolutionäre Schwung bekommt den ersten Dämpfer

Am 5. März treten in Heidelberg 51 süddeutsche Parlamentarier zusammen und beschließen die Einberufung eines „Vorparlamentes“ für den 31. März nach Frankfurt. Es dominieren die konstitutionellen Liberalen um Friedrich Bassermann, von Soiron, Carl Welcker und Heinrich von Gagern. Aber auch Friedrich Hecker und Gustav Struve nehmen teil. Hecker glaubt, die liberalen Kollegen für seine Vorstellungen gewinnen zu können und spricht gleich zu Beginn für die Republik: „Dagegen erhob sich Gagern mit Heftigkeit, sogar mit persönlichen Verdächtigungen, wurde gebührend zurechtgewiesen, verschwieg es aber der Versammlung, dass er bereits designirter Minister und auf den Abend desselben Tages zum Großherzog von Hessen beschieden war, um aus der Opposition in den Ministerrock zu schlüpfen. Gagner sprach schon damals von constitutioneller Monarchie und einem deutschen Kaiser, unterstützt von den anwesenden Professoren und Beamten, bis endlich dieser Streit damit auf die Seite geschoben wurde, dass hierüber das Volk allein die Entscheidung habe.“ Ein „Siebenerausschuß“ wird gewählt, der die Sitzung des Vorparlaments einberufen soll. Kein Republikaner gehört diesem Gremium an. 

Die Liberalen spalten sich: Konstitutionelle Monarchie – oder Republik

Die Opposition gegen die feudale Herrschaft marschiert, wie die Heidelberger Versammlung gezeigt hat, keineswegs geschlossen. Die konstitutionellen Liberalen –Welcker, Bassermann, Mathy - wollen den Fürsten weitere Zugeständnisse abhandeln. Ihr Ziel ist eine durch Verfassung und Parlament gebändigte Monarchie. Die entschiedenen Demokraten – Hecker, Struve, Fickler -  wollen die Republik und wenn es sein muß, werden sie sie mit Gewalt erkämpfen. Am 12. März wird in Offenburg die Gründung eines oberrheinischen Turnerbundes „mit democratischen Tendenzen“ beschlossen, in Freiburg bilden die Turner eine Freischar, die sich der Bürgerwehr anschließt. Am 14. März wird durch die „Oberrheinische Zeitung“ auch in Freiburg der Aufruf für eine Volksversammlung in Offenburg bekanntgemacht: „Die freiheitlichen Bestrebungen des badischen Volkes entbehren der Einigung. Die Aufregung äußert sich theilweise in beklagenswerten Ausbrüchen. Die Feinde der Freiheit und des Vaterlandes treten zwar im Augenblick nicht offen auf, - können aber leicht wieder ihre Macht entwickeln. Unter diesen Umständen ist zum Schutz der öffentlichen Ordnung und der Rechte des Volkes ein Zusammentreten aller Freunde des Vaterlandes nothwendig, wenn sich nicht der gute Geist zersplittern oder gar von feindseligen Umtrieben unterdrückt sehen soll.“ Die Versammlung wird auf Sonntag, den 19. März, 10 Uhr in Offenburg angesetzt. 

Auf die Konservativen und die Zaghaften hingegen hat der strenge Appell des Großherzogs vom 2. März, „an alle, denen die Ordnung, das Recht und die wahre Freiheit am Herzen liegt“ gewirkt. Zusätzlich verunsichert werden sie durch spontane Ausschreitungen gegen kleinere Fürstenschlösser und Kaufleute, insbesondere jüdische. Im Kraichgau und im Odenwald demolieren Bauern Schlösser und verbrennen Schuldbücher. In der Nacht vom 3. Auf den 4. März demolieren zum Beispiel in Müllheim erst 10, dann 100 Randalierer Läden, Fenster und Türen an jüdischen Häusern. Erst, als die Bürger bewafffnet werden und eine Wehr aufstellen, hören die antisemitischen Krawalle auf. Die liberalen Politiker aller Richtungen distanzieren sich entschieden von den antisemitischen Ausfällen. Die Abgeordneten Hecker, Mathy und Bassermann beklagen in einer gemeinsamen Erklärung, „dass das leuchtende Panier der Freiheit besudelt werden will durch schmähliche Excesse“ gegen „unsere Mitbürger mosaischen Glaubens“. 

Am 18. März warnt Friedrich Bassermann aber auch vor der Versuchung, unter dem Schutz der neuen französischen Republik auch im Südwesten die Republik auszurufen: „Das Größte, was wir jetzt in Teutschland zu thun haben, ist der Ausbau, die Reform der allgemeinen teutschen Verfassung, der Bundesverfassung. Jeder gute Teutsche wird diesen Weg der Reform, der Einigung auf freiheitlicher Grundlage, der schmählichen Trennung, der noch schmählicheren Verbindung mit dem Auslande vorziehen. Möchten doch die Aufforderungen dazu auch nicht einen in die Falle bringen.“ 

Die Offenburger Versammlung

Am Sonntag, den 19. März findet in Offenburg die von den Demokraten einberufene Volksversammlung statt. Die großherzogliche Regierung setzt Truppen aus mehreren Garnisonen, darunter auch aus Freiburg in Bewegung, aber sie wagt nicht, die Versammlung zu verbieten. Aus allen Teilen des Großherzogtums reisen die Delegationen mit der Eisenbahn, zu Pferd oder zu Fuß an. Einige wollen ihre Waffen mitbringen, werden aber vom Vorbereitungskomitee dringend ersucht, „im bürgerlichen Kleid und unbewaffnet“ zu erscheinen. Unter dem Jubel von 20.000 Teilnehmern aus allen Landesteilen organisiert sich die republikanische Bewegung als landesweite Vereinigung. Ein Landesausschuß der Volksvereine wird gebildet, dem Friedrich Hecker vorsteht. Obmann des Oberrheinkreises wird Karl Rotteck aus Freiburg. Zwar wird die Republik noch nicht proklamiert, aber über den Vorrang der Volkssouveränität gegenüber der Erbdynastie lassen die Teilnehmer keinen Zweifel. 

Die „Oberrheinische Zeitung“ kommentiert: „Das Volk hat erkannt, dass die ihm zu Theil gewordenen Zugeständnisse nicht der staatsmännischen Einsicht und dem guten Willen der Machthaber, sondern den gewaltigen Bewegungen des Volkes, der äußeren Anregung der französischen Revolution und der Kundgebungen vom 1. Und 2. März d. J. zuzuschreiben seien. ... Der Kampf der Volksherrrschaft und der Einherrschaft hat begonnen.“ Vor der Offenburger Versammlung hat die großherzogliche Regierung weitere Zugeständnisse gemacht. Der ehemalige Freiburger Professor Karl Welcker wurde zum Bundesgesandten ernannt. Die Regierung kündigte Gesetzesentwürfe über die Vereidigung von Militär und Verwaltung auf die Verfassung an. „Welcker an Blittersdorffs Stelle! Das können wenige Wochen, wenn ein Volk klar, stark und thätig ist. ... Jetzt gilt es voran zu gehen und zu dem Süden und Westen auch den Norden und Osten des teutschen Vaterlandes zu erobern“, jubelt die „Oberrheinische Zeitung“ über die Ernennung des ehemaligen Freiburger Professors zum Bundesgesandten. Der Bundesgesandte ist eine Art Außenminister, der das Großherzogtum beim „Bundestag“, der weitgehend handlungsunfähigen Versammlung der Königreiche, Fürstentümer und Reichsstädte vertritt. 

Baden ist nicht allein – auch in Bayern, in Wien und in Berlin regt sich die Revolution

Nicht nur in Baden, auch in München, Berlin und Wien kommen die Dynastien ins Wanken. Der verhasste österreichische Kanzler Metternich wird am 14. März in die Flucht geschlagen. Bayerns Ludwig muß seine Mätresse Lola Montez dem Volkszorn opfern. Nach blutigen Kämpfen in Berlin am 18. März wird der preußische König dazu gezwungen, sich vor den Toten zu verneigen. Die Vertreter der alten Ordnung, unterstützt von konstitutionellen Liberalen greifen in dieser Situation zu einem altbewährten Mittel, sie schüren die Angst vor dem äußeren Feind, insbesondere vor „den Wälschen“. 

Der „Franzosenlärm“ – eine Propagandalüge

Der „Franzosenlärm“ wird inszeniert. Die großherzogliche Regierung behauptet, das Land sei von marodierenden Arbeitern aus Frankreich bedroht, die über die Grenze kommen, um zu sengen und zu plündern. Deshalb ruft sie Truppen des Deutschen Bundes nach Baden und verstärkt die Garnisonen, auch die in Freiburg. Die Regierung stützt sich in ihrer Propaganda auch auf den Aufruf der „Deutschen demokratischen Legion“ in Paris. Die vom Dichter Georg Herwegh geleitete 1000 Männer starke Freischaar setzt sich im März tatsächlich in Richtung deutsche Grenze in Bewegung. Die im Exil lebenden Handwerker und Bürger sind der Meinung, auch in den Staaten des deutschen Bundes werde jetzt die Revolution ausbrechen und dies sei eine günstige Gelegenheit, wieder in die Heimat zu gelangen. 

Die französische Regierung unterstützt diese Rückkehr großzügig, weil sie die Exilanten los haben möchte. Die Beteuerung von Herwegh, sie seien „Freunde und Bundesgenossen“, werden in deutschen Landen geflissentlich überhört: „Wir sind teutsche Demokraten, wollen alles für das Volk, Alles durch das Volk ... bereit für Teutschlands Freiheit und Größe zu fechten“, beschwört ein Aufruf der „Legion“ die Demokraten. Doch in der Oberrheinischen Zeitung kontert ein Korrespondent aus Karlsruhe, wenn, dann sollten sie unbewaffnet kommen: „Wollen sie aber mit den Waffen in der Hand und mit Wälschen geschaart uns Zwang anthun - dann werden wir uns wie ein Mann erheben, um die Feinde und Verräther unserer Nationalität über unsere Grenzen zurückwerfen.“

Der „Franzosenlärm“ bringt auch Freiburg um den Schlaf. Am 22. März wird um halb elf Uhr nachts plötzlich Alarm geschlagen, Linienmilitär und Bürgerwehr rückt aus, alles rennt auf den Münsterplatz. Nichts genaues ist zu erfahren. Nachts um 3 Uhr läuten erneut die Sturmglocken, es ist Schießen und Sturmläuten in den Umlandgemeinden zu hören. Erst am nächsten Tag um 2 Uhr mittags kommen Gerüchte auf, „dass Tausende teutscher Arbeiter gestern abends über den Rhein herüber gezogen, und in die angrenzenden diesseitigen Ortschaften eingedrungen seien, Raub und Plündern verübend.“ So geht es noch eine Weile, bis die Erkenntnis durchdringt: „Der Grund der ganzen Aufregung in Stadt und Land ist ein Geschwätz, ein blinder Lärm.“ Der Gemeinderat beschwert sich am 6. April über das „frevelhaft in unser Land geschleuderten Franzosenlärmens“. Man sei von der „Lügenhaftigkeit der Gerüchte“ überzeugt und verwahre sich entschieden gegen die Verlegung württembergischen Militärs nach Baden.

Die Revolution liegt in der Luft – die Massen gehen auf die Straße

Die Hoffnungen auf eine Überwindung der alten Zustände hat der „Franzosenlärm“ nicht zudecken können. Die Organisation der Republikaner wird vorangetrieben. Am 25. März inserieren die Turner in der Oberrheinischen Zeitung: „Aufruf der Turner an die waffenfähige Jugend Freiburgs. Ein herrliches Recht ist erkämpft - Volksbewaffnung ... Doch was sind Waffen in ungeübter Hand? Ein unnütz’ Spielzeug ... Es haben die Turner Freiburgs ein bewaffnetes Corps gebildet und sich der hiesigen Bürgerwehr angeschlossen. ... Jünglinge, wir fordern Euch auf, im Interesse der guten Sache, schließt Euch uns an, tretet uns bei. Die Turner.“ Bereits am 4. März hat sich ein „Akademisches Corps“ der Bürgerwehr angeschlossen. Kommandant ist der Sohn des Universitätsadministrators, Fridolin Schinzinger. Auch unter den Sängern verschiedener Gesangsvereine finden die republikanischen Ideen großen Rückhalt. Der Dirigent der „Liedertafel“, Ignaz Heim, kooperiert eng mit den führenden Republikanern in anderen Organisationen.

Ein „Vaterländischer Verein“ für den Oberrheinkreis soll gegründet werden. Das Gründungskomitee, bestehend aus den Herren Rotteck aus Freiburg, Kiefer aus Emmendingen, Torrent aus Waldshut und Weißhaar aus Lotstetten ländt auf eine Versammlung am 26. März, 10 Uhr vormittags ein. Dies ist auch der Tag, an dem in Freiburg eine Volksversammlung nach Offenburger Vorbild stattfinden soll. Es wird der Sonntag, an dem Freiburg seine größte Kundgebung erlebt. 25.000 Menschen, mehr als in Offenburg, kommen zu einer gewaltigen Manifestation auf den Münsterplatz. Freiburg zählt etwa 15.000 Einwohner. Die Freiburger Volksversammlung sollte nach dem Willen des großherzoglichen Ministers Bekk verboten werden. Doch die Freiburger Behörden erklären ihren Karlsruher Vorgesetzen rundheraus, dieses Verbot sei praktisch nicht durchführbar.

Freiburgs größte Demo auf dem Münsterplatz

„Frühe strömten aus den anmuthigen Thälern des Schwarzwaldes, aus den zahlreichen Orten des Breisgaus, aus dem fernen Wiesenthale die Tausende herbei, theils auf reich verzierten Wagen, theils auf dem Schienenwege, wo gerade jetzt der Dampf als ein unberechenbar wirksames Mittel des Geisteslebens sich ausweist! - In festlich jugendlichen Gewande prangte die Stadt, selbst vom ehrwürdigen Dome flatterte in der Nachbarschaft des Gewölkes die dreifarbige Fahne, weithin den Gruß der neuen Zeit tragend! In frohem Gewühle wogten die Bürger durch die Straßen, von denen Policei und Militär ferne blieb, und sammelten sich in ungeheurer, selbst die Versammlung in Offenburg übersteigenden Anzahl auf dem Münsterplatze, wo um 11 Uhr die Verhandlungen begannen, welche in einer vorberathenden Sitzung in dem Bürgermuseum vorbereitet waren. Begrüßt ward die Versammlung von dem Abgeordneten Mez, der in würdevoller begeisterter Weise hindeutete, wie der ehrwürdige Dom schon im Jahre 1248 auf demselben Platze Bürger versammelt sah, die tagten über ihre Rechte, und heute wieder, nach 600 Jahren, voll Stolz auf Männer niederschaut, die im Geiste ihrer Ahnen um das Panier der bürgerlichen Freiheit sich schaaren.“

Karl von Rotteck prangert „die gefährlichen Pläne des Policeistaates“ an und legt das Offenburger Programm zur Beschlussfassung vor, was einhellig geschieht. Danach spricht Gustav von Struve: „Ein doppelter Beifallssturm begrüßte den edlen Mann, da er unerwartet die Festgenossen überraschte, den Mann der nach Klarheit der Ideen, nach Reinheit und energischer Kraft seines Willens, nach hinreißender Beredsamkeit eine der ersten Stellen unter den Vorkämpfern für deutsche Einheit einnimmt. Er schilderte, wie eine trübe Zeit hinter uns liege, die man am besten mit den Namen Knechtung, Verdummung, Aussaugung bezeichne; wie aber eine Zeit beginne, die Zeit des Wohlstandes, der Bildung, der Freiheit. Von jubelnden Zurufen immer wieder unterbrochen, entwickelte er diese Ideen, die in der Brust Aller ein so erhebendes und edles Bild des zu erstrebenden Zustandes unseres Volkslebens erweckten.“ Nach ihm ergriff Obergerichtsadvocat Weisseneck aus Freiburg das Wort, dann Torrent von Waldshut, Reich von Müllheim. Struve betritt noch einmal die Rednertribüne und verliest einen harschen Brief an den König Wilhelm IV. von Preußen, den „königlichen Schauspieler und Bürgertödter“. Die Kreisvorstände der Vaterländischen Vereine werden durch: die Bürgermeister von Kippenheim, Lörrach und Simonswald verstärkt. Um 2 Uhr nachmittags spricht Carl Mez das Schlusswort und entlässt die Teilnehmer nach Hause.

Die Teilnehmer der Freiburger Volksversammlung haben in ihrer Resolution den „Offenburger Forderungen“ noch weitere hinzugefügt, so zum Beispiel die „vollständige Trennung der Kirche vom Staate ... Freigebung der Wahl der Geistlichen und Bürgermeister ... Sofortige Erleichterung des Nothstandes der arbeitenden Klassen und des Mittelstandes“. Die Teilnehmer erwarten durch die „Organisation vaterländischer Vereine die kräftigste Bürgschaft für die Begründung eines dauerhaften Zustandes der Freiheit“.

Die Freiburger Demokraten haben sind hoch zufrieden mit der Veranstaltung. Die Volksversammlung hat die Zustimmung der Massen zum radikaldemokratischen Programm unter Beweis gestellt. Seit der ersten großen Versammlung in Offenburg am 12. September 1847 mit etwa 900 Teilnehmern hat die demokratische Bewegung stetig an Stärke gewonnen. Und nun schafft sie sich gerade eine landesweite Organisation, verfügt über Bürgerwehren und begeisterten Freischärlern bei Turnern und Handwerkern. Die demokratische Presse, die „Mannheimer Abendzeitung“, Struves „Deutscher Zuschauer“, die „Seeblätter“ und die „Oberrheinische Zeitung“ und der populäre Abgeordnete Friedrich Hecker garantieren für Publizität und Wirksamkeit der demokratischen Ideen im ganzen Großherzogtum. In Freiburg wird die Prominenz mit einer spontanen Demonstration zum Zug geleitet: "Lauter Dank scholl dem edlen Struve nach, als er Abends am Bahnhofe schied." Am kommenden Mittwoch soll auch in Freiburg ein Volksverein gegründet werden.

 

Unter dem Eindruck der gewachsenen republikanischen Bewegung resigniert der bisherige Freiburger Bürgermeister Wagner und tritt am 29. März zurück. Sein Nachfolger wird Josef von Rotteck, ein Neffe des großen Staatsrechtlers und Cousin von Karl von Rotteck junior, ein wankelmütiger Liberaler, der zwischen den Fronten steht. Die Frage der neuen Staatsform gerät in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen. Die Einberufung eines „Vorparlaments“ für den 30. März nach Frankfurt ist bekanntgemacht worden. Hecker und Struve wissen um die Brisanz der Forderung, die Republik zu proklamieren. Hecker selbst hat dafür gesorgt, dass sein Kampfgefährte Jakob Fickler, Redakteure der Konstanzer „Seeblätter“ auf der Offenburger Versammlung nicht im Alleingang die Republik ausgerufen hat. Die Stimmung der entschiedenen Demokraten ist für die Republik, aber sie fürchten die Reaktion der Dynastie und erklären das Volk für noch nicht reif genug. Der Leitartikler der „Oberrheinischen Zeitung“ schreibt am 31. März: „Der Augenblick für die republicanische Staatsform ist gekommen, sobald die in das Volksbewußtsein gedrungene Idee derselben im Leben der Nation sich offenbart, diese also reif für den Besitz und die Erhaltung derselben ist.“ Diese Situation sei noch nicht da und der Versuch, an einzelnen Orten, die Republik auszurufen wird entschieden abgelehnt, „weil ein solches Wagestück als großes Nationalunglück anzusehen wäre.“ Die Frankfurter Nationalversammlung sei der richtige Ort, die Republik auszurufen, dort werde sich zeigen, „ob Teutschland für die Republik reif ist oder nicht.“

Die radikalen Demokraten haben die Straße – aber nicht die Mehrheit im Vorparlament 

Einzelne Volksversammlungen sind da anderer Ansicht. Eine Kundgebung in Waldshut mit etwa 6000 Teilnehmern fügt am 29. März den Offenburger und Freiburger Forderung noch die nach einer „Föderativrepublik“ hinzu, „als die Regierungsform, welche allein geeignet ist, die Freiheit, Einheit und Nationalwohlfahrt des ganzen teutschen Vaterlandes befriedigen zu begründen“. Das Vorparlament vom 31. März bis zum 4. April 1848 in der Frankfurter Paulskirche, solle in diesem Sinne entscheiden. 

Doch dies unterbleibt. Hecker und Struve scheitern in der Paulskirche auf der ganzen Linie. Die Zusammensetzung der 51 nicht gewählten Vertreter aus Ländern des deutschen Bundes und der freien Reichsstädte ist relativ willkürlich. Offenbar haben die konservativen Kräfte, die den Erhalt der konstitutionell gebändigten Monarchie wollten, besser mobilisiert. Ihre Repräsentanten Bassermann, Soiron und von Gagern schmettern die „entschiedenen Demokraten“ und ihre Forderungen ab und berücksichtigen keinen einzigen ihrer Vertreter im „Siebenerausschuß““, der die Wahlen zu einer deutschen Nationalversammlung vorbereiten soll. Hecker und Struve werden brüskiert. Die Republikaner sind nach dem Scheitern im Vorparlament ratlos. Hecker ist nach Mannheim zurückgefahren, ist aber unschlüssig, wie es weitergehen soll. 

Freiburg pendelt zwischen Aufruhr und Anpassung 

In der Freiburger Bürgerschaft wogt die Debatte hin und her. Wie soll man sich gegenüber den revolutionären Bestrebungen der Turner und Handwerker verhalten. Mittlerweile hat sich auch ein radikaldemokratischer Arbeiterverein um J.N. Ortmann und Wilhelm Rothacker gebildet, der aus seinen Sympathien für Marx und Engels keinen Hehl macht. In London ist pünktlich zur französischen Februarrevolution das „Kommunistische Manifest“ erschienen. Das Gespenst des Kommunismus wird auch in Freiburg an die Wand gemalt. Am 11. April spricht sich eine Bürgerversammlung mit fast 1000 Freiburgern entschieden „gegen den Umsturz“ aus: „Die Bürgerschaft anerkennt vor allem den Grundsatz, dass jeder Vernünftige seine eigene Meinung ebensowenig einem anderen aufdringen, als er sich jene eines Anderen aufdringen lasse. Beide Staatsformen, jene der constitutionellen Monarchie, als jene des Freistaates, sind vernünftig, und beide setzen sich in ihrem Wesen ein und dasselbe Ziel, nämlich das auf Freiheit und Recht gegründete Wohl des Staates.“ Die Bürgerschaft halte es aber „für ihre heilige Pflicht, sich ... offen und entschieden gegen jedes Unternehmen zu erklären, wodurch auf gesetzeswidrige und gewaltsame Weise die bestehende, neuerdings beschworene Verfassung des Landes verletzt oder gar umgestürzt werden wollte. Sie erkennt in einem solchen frevelhaften Beginnen insbesondere die unvermeidliche Entstehungsursache eines unseligen Bürgerkrieges... Die Bürgerschaft wird daher der Verfassung des Landes getreu jeden Versuche eines gewaltsamen Umsturzes derselben ... entschieden entgegentreten!“

Die Reaktion schlägt zurück – und treibt die Republikaner zum Aufstand

Die Massenveranstaltungen haben die Monarchen beeindruckt, aber nicht verängstigt. Sie wissen die konstitutionellen Liberalen als Verbündete hinter sich, die lediglich eine verfassungsmäßig gebändigte Monarchie und ein geeintes Deutschland unter Preußens Führung  anstreben. Mit Wissen der „Märzminister“  - den Liberalen, die ihre Ämter den liberalen Protesten im März zu verdanken haben – ziehen die Staaten des Deutschen Bundes Militär zusammen, das Baden besetzen soll. Gegen die radikalen Anführer der Volksvereine setzt das Großherzogtum Baden die Polizei in Bewegung. Als erster wird am 7. April Joseph Fickler verhaftet, der Redakteur der „Seekreis“-Blätter, der entschiedenste Republikaner im Hegau. 

Hecker und Struve fürchten, ebenfalls eingesperrt zu werden. In diesem Fall wäre die erst im Entstehen begriffene republikanische Organisation führerlos. Hecker reist am 8. April über das Elsaß und die Schweiz nach Konstanz, um eine „republikanische Schilderhebung“ zu beginnen. Gemeint ist ein bewaffneter Marsch nach Karlsruhe, der zum Triumphzug anschwellen soll. Freiburg ist die wichtigste Zwischenetappe in diesem Vorhaben. „Jetzt war es Zeit, an die Stelle nutzloser Reden die That zu setzen... Täglich langten Briefe, Adressen, Deputationen bei Hecker und Struve, von welchen man überzeugt war, dass sie nicht blos zu reden, sondern auch zu handeln entschlossen seien, an; man forderte sie auf, die Republik auszurufen und mit den Waffen in der Hand vorwärts zu rücken; stündlich mehrten sich die feierlichen Zusagen entschlossener Mitwirkung von Seiten der Bürger und Soldaten; stündlich manifestirte der Volksunwille sich energischer, und wurde erklärt, dass wenn sie sich nicht an die Spitze stellten, das Volk für sich handeln werde, da es nicht länger zurückzuhalten seie“, schreibt Hecker ein paar Monate später. 

"Jetzt gilt es zu handeln"

Aber die Verhaftung von Fickler hat den Bodenseekreis kopf- und mutlos gemacht. Die Führer der republikanischen Bewegung in Konstanz raten von dem Unternehmen ab. Hecker bleibt dabei: „Jetzt galt es zu handeln. Nach den Erklärungen und Beschlüssen des Volkes in vielen Volksversammlungen, konnte man auf eine Erhebung in Masse, auf die Anziehungskraft der Macht der Ideen, auf das lawinenartige Fortwälzen des aus der klaren Tiefe des Volkslebens hervorgebrochen Stromes rechnen, das ‘stehende Heer’ belebte ein neuer Geist, der die alten Formen abgeschüttelt hatte, es war aus seiner Absonderung herausgetreten, es war mit dem Volke Eins; das beweisen tausende von Erscheinungen...Alles sagte dem Politiker, dass der rechte Moment gekommen seie und nicht vorübergelassen werden dürfe; und man war der festen Zuversicht, dass es keines Schwertstreiches und keines Schusses bedürfe, dass der Zug ein wahrer Festzug sein und ganz Deutschland dem Beispiele Badens, das immer vorangegangen, folgen würde.“ Hecker verfasst einen Aufruf und lässt ihn im ganzen Land verbreiten: "Der Augenblick der Entscheidung ist gekommen. Worte können uns unser Recht und unsere Freiheit nicht erobern. Darum fordern wir euch Alle, waffenfähige Männer, auf, Freitag, den 14. April Mittags 12 Uhr in Donaueschingen auf dem Marktplatz mit Waffen und Munition in geordneten Zügen, mit Lebensmitteln auf 6 Tage versehen, zu erscheinen. Constanz 12. April, Hecker, Struve“

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